BGH: Kein Wirtschaftlichkeitsgebot bei Energiesparmaßnahmen

Im Be­reich des preis­ge­bun­de­nen Wohn­raums wird die Zu­läs­sig­keit ei­ner Mie­ter­hö­hung we­gen Ener­gie ein­spa­ren­der Mo­der­ni­sie­rungs­maß­nah­men im Grund­satz nicht durch das Ver­hält­nis zu der hier­durch be­wirk­ten Heiz­kos­te­ner­spar­nis (so­ge­nann­tes Ge­bot der Wirt­schaft­lich­keit) be­grenzt.

BGH, Ur­teil vom 03.03.2004 – VI­II ZR 149/03 – Fund­stel­le: GE 2004, 620 und NZM 2004, 336

Sach­ver­halt: Die Ver­mie­te­rin der preis­ge­bun­de­nen Woh­nung des Aus­gangs­ver­fah­rens be­rech­ne­te nach Durch­füh­rung von Wär­me­dämm-Maß­nah­men ei­ne Miet­er­hö­hung um ins­ge­samt 1,6098 DM/qm. Der Ge­richts­sach­vers­tän­di­ge er­mit­tel­te für die Woh­nung ei­ne rech­ne­ri­sche Ener­gie­ein­spa­rung von et­wa 12,1 %. Die Mie­ter des Aus­gangs­ver­fah­rens mach­ten Rück­for­de­rungs­an­sprü­che gel­tend. Das Amts­ge­richt gab der Kla­ge ent­spre­chend dem Rechts­ent­scheid des OLG Karls­ru­he in Hö­he von (Ener­gie­ein­spa­rung plus 100 % ge­kappt) statt. Auf die Be­ru­fung des Ver­mie­ters wur­de die Kla­ge ins­ge­samt ab­ge­wie­sen. Die Re­vi­sion des Mie­ters blieb er­folg­los.

Pro­blem­la­ge: In Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur wur­de hin­sicht­lich Mie­ter­hö­hun­gen we­gen Ener­gie­spar­maß­nah­men im preis­frei­en Wohn­raum durch­gän­gig die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Miet­er­hö­hung dürf­te im Er­geb­nis nicht un­wirt­schaft­lich sein und sei da­her durch das Ge­bot der Wirt­schaft­lich­keit be­grenzt (OLG Karls­ru­he in WuM 1985, 17). Hie­raus lei­te­te die Ins­tanz­recht­spre­chung ei­ne Kap­pung der mo­der­ni­sie­rungs­be­ding­ten Miet­er­hö­hung auf das Dop­pel­te der Heiz­kos­te­ner­spar­nis ab.

Der BGH geht nun (un­zu­tref­fend !) da­von aus, die­se Fra­ge wür­de sich im Be­reich des preis­ge­bun­de­nen Wohn­raums eben­so stel­len und sei in­so­weit in Li­te­ra­tur und Recht­spre­chung noch nicht be­han­delt wor­den. Dies ist schlicht falsch des­we­gen, weil im preis­ge­bun­de­nen Wohn­raum der Ver­mie­ter ers­tens die Kos­ten­mie­te im­mer ver­lan­gen kann und zwei­tens schon bei der Be­wil­li­gung öf­fent­li­cher Zu­schüs­se für die Mo­der­ni­sie­rungs­maß­nah­me (nach­träg­li­che Mo­der­ni­sie­rungs­maß­nah­men im preis­ge­bun­de­nen Wohn­raum sind ge­neh­mi­gungs­be­dürf­tig) durch die Be­wil­li­gungss­tel­le die Wirt­schaft­lich­keit der Wär­me­dämm-Maß­nah­me ge­prüft und bei der Ge­neh­mi­gung der ma­xi­mal mög­li­chen Miet­er­hö­hung be­rück­sich­tigt wird.

Der BGH „ent­schei­det“ sich nun un­glück­li­cher­wei­se in ei­nem or­bi­ta dic­tum da­hin, dass für ei­ne „Kap­pungs­gren­ze“ kei­ne ge­setz­li­che Grund­la­ge be­ste­he und da­her ei­ne Kap­pung von Mo­der­ni­sie­rungs­mie­ter­hö­hun­gen ent­spre­chend dem Leit­satz nicht statt­zu­fin­den ha­be. Selt­sam mu­tet an, dass der BGH hier­bei nicht mehr zwi­schen preis­ge­bun­de­nem und preis­frei­em Wohn­raum un­ter­schei­det. Am En­de der Ent­schei­dung fin­den sich dann all­ge­mei­ne Aus­füh­run­gen da­zu, der Mie­ter kön­ne (dies al­ler­dings nur im preis­ge­bun­de­nen Wohn­raum) der Miet­er­hö­hung wi­der­spre­chen we­gen fi­nan­ziel­ler Här­te im Rah­men des § 10 Wo­BindG. Der BGH be­zieht sich hier­zu auf die Ent­schei­dung des BayObLG in WuM 1996, 749.

Be­wer­tung: Die Ent­schei­dung des BGH über­zeugt we­nig, da nicht klar zwi­schen dem oh­ne­hin durch das Be­wi­li­gungs­ver­fah­ren nach dem Wo­BindG ge­schütz­ten Mie­ter ei­ner preis­ge­bun­de­nen Woh­nung und dem an­sons­ten fak­tisch un­ge­schütz­ten Mie­ter ei­ner preis­frei­en Woh­nung un­ter­schie­den wird. Dem Be­ra­ter bleibt als Kon­se­quenz, zu­künf­tig emp­feh­len zu müs­sen, die Un­ter­las­sung von Miet­preis trei­ben­den Wär­me­dämm-Maß­nah­men im Au­ßen­be­reich be­reits auf der Dul­dungs­e­be­ne zu un­ter­bin­den und/oder ei­ne Kün­di­gung des Miet­ver­hält­nis­ses in Be­tracht zu zie­hen.

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