BGH – Keine neue Renovierungspflicht durch Abnahmeprotokoll

  1. Es liegt kein konstitutives Schuldanerkenntnis vor, wenn ein sieben Seiten umfassendes, von beiden Parteien unterschriebenes „Abnahmeprotokoll“, in dem die durchzuführenden Renovierungsarbeiten im einzelnen bezeichnet sind und das mit dem Satz endet: „Der Mieter verpflichtet sich, nach Beendigung des Mietverhältnisses die Wohnung ordnungsgemäß und mangelfrei an den Vermieter zu übergeben.“ gefertigt wird.
  2. Denn das Abnahmeprotokoll enthält keine eigenständige Renovierungsverpflichtung, weil es nicht erkennen lässt, dass die Parteien eine neue, vom Mietvertrag unabhängige Anspruchsgrundlage hätten schaffen wollen.
  3. Ein zur Unwirksamkeit einer Formularklausel führender sogenannter Summierungseffekt auf Grund des Zusammentreffens zweier – jeweils für sich genommen – unbedenklicher Klauseln kann auch dann vorliegen, wenn nur eine der beiden Klauseln formularmäßig, die andere dagegen individuell vereinbart worden ist (Bestätigung von VIII ARZ 5/92, NJW 1993, 532).

BGH v. 5.4.2006 – VIII ZR 163/05 -, GE 2006, 706; WuM 2006, 306; NJW 06, 2116

Ein häufiges Problem: Obwohl der Mietvertrag keine wirksame Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter vorsieht (zum Beispiel weil es sich um einen alten „Ostmietvertrag“ handelt) unterschreibt der durch Außendienstmitarbeiter des Vermieters eingeschüchterte Mieter ein Protokoll zur Wohnungsabnahme, in dem nicht nur der tatsächliche Zustand der Wohnung festgehalten ist, sondern auch formularmäßig steht, dass der Mieter den

„… Zustand der Wohnung anerkennt und sich verpflichtet, die in diesem Protokoll genannten Schönheitsreparaturen fachgerecht durchzuführen…“

Gängige Beratungs- und Gerichtspraxis war es vielfach, in solchen Fällen ganz zwanglos von einem konstituiven Schuldanerkenntnis auszugehen, den Mieter also trotz fehlender vertraglicher Vereinbarung renovieren oder zahlen zu lassen.

Falsch: Wie der BGH mit dieser Entscheidung noch einmal klar stellt, handelt es sich bei einer solchen Fallgestaltung nur um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Der Mieter kann sich also nicht darauf berufen, dass die tatsächlichen Feststellungen falsch, die Tapeten also beispielsweise fachgerecht geklebt waren. Ein selbständiges (konstituives-) Schuldanerkenntnis liegt laut BGH aus zwei Gründen nicht vor:

  1. Die isolierte individualvertragliche Vereinbarung bleibt unwirksam, weil schon die Ausgangsvereinbarung (der Mietvertrag) unwirksam war. Es sei denn, die Vertragsparteien erwähnen ausdrücklich den Umstand, dass der Mietvertrag keine wirksame Abwälzung der Schönheitsreparaturen vorsieht.
  2. Selbst wenn eine solche Zusatzvereinbarung selbständig wirksam wäre, so ist das doch ohne Rechtsgrund. Der Mietvertrag gibt keinen Rechtsgrund. Der Mieter kann daher das Schuldanerkenntnis wegen ungerechtfertigter Bereicherung herausverlangen und wird so gestellt, als ob die Renovierungspflicht nie vereinbart war.

Der Vermieter kann sich also im Ergebnis auf so ein Rückgabeprotokoll nicht berufen.

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