LG Berlin – Kündigung wegen unerlaubter Untervermietung nur mit Abmahnung

Die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen unbefugter entgeltlicher Gebrauchsüberlassung einer vom Mieter über ein Internetportal („a…“) angebotenen Mietwohnung an Touristen ist – ebenso wie die darauf gestützte ordentliche Kündigung – grundsätzlich nur dann wirksam, wenn der Vermieter den Mieter vor Ausspruch der Kündigung erfolglos abgemahnt hat.

LG Berlin, Beschluss vom 27. Juli 2016 – 67 S 154/16 – in WuM 2016, 559

Anmerkung: Diese aktuelle Entscheidung der Mietberufungskammer 67. des LG Berlin betrifft einen typischen Fall der fehlerhaften Anwendung einfachen Rechts durch einen Vermieter. Zu Unrecht kritisiert Blümmel1, die unerlaubte Untervermietung sei schon nach dem Gesetz gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB Grund zur fristlosen Kündigung, wenn dem die nach § 543 Abs. 3 BGB notwendige Abmahnung vorausgegangen ist. Und deswegen sei für die ordentliche Kündigung gemäß § 573 BGB, die ja für den Mieter weniger einschneidend ist, kein Bedürfnis für eine vorherige Abmahnung.

Dies ist in solcher Schlichtheit falsch. Zunächst liegt der Fehler des Vermieters im fraglichen Fall eindeutig darin, keine Abmahnung vor Kündigung ausgesprochen zu haben. Wer sicher gehen will, verliert mit einer Abmahnung keine Zeit, denn die anschließende fristlose Kündigung geht problemlos „durch“, wenn der Mieter sich nicht entsprechend verhält. Ob für eine fristgemäße Kündigung in solchen Fällen Eine vorherige Abmahnung erforderlich ist, hängt dagegen von den Umständen des Einzelfalls ab. Denn bei Anwendung des § 573 BGB mit seinen nicht abschließend aufgezählten ordentlichen Kündigungsgründen ist eine umfassende Verschuldensprüfung vorzunehmen. Und die setzt eben voraus, dass ein vertragswidriges Verhalten des Mieters in besonderem Maße vorwerfbar ist. Und dies hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Zwar hat der Bundesgerichtshof in seiner auch von Blumen erwähnten Entscheidung vom 28.11.20072 für den Fall einer Kündigung wegen Zahlungsverzug entschieden, dass eine vorherige Abmahnung des Vermieters nicht erforderlich sein muss. Der Entscheidung des BGH lag jedoch eine sehr umfangreiche und wiederholte Pflichtverletzung des Mieters zugrunde, der sich über einen längeren Zeitraum hinweg trotz anwaltlicher Vertretung und gegen den Mieter ergangener Gerichtsurteile vertragswidrig in Bezug auf seine Zahlungspflichten aus dem Mietverhältnis verhalten hatte.

Derartig umfangreiche und gleichsam grob fahrlässige Pflichtverletzung des Mieters sind jedoch in dem konkret durch das LG Berlin entschiedenen Fall nicht ersichtlich. Zwar würden Juristen bei einer in drei Fällen wiederholten Untervermietung einer Wohnung über das berüchtigte Internetportal „airbnb“ problemlos von einem Verschuldens des Mieters ausgehen. Dies ist jedoch nicht der Maßstab für eine solche Prüfung. Maßstab für die im Rahmen des § 573 BGB erforderliche Verschuldensprüfung ist immer nur die individuelle Vorwerfbarkeit des vertragswidrigen Verhaltens. Diese lässt sich in vielen Fällen wie hier nicht zweifelsfrei feststellen dann, wenn der ordentlichen Kündigung des Vermieters wegen unerlaubter Untervermietung keine Abmahnung vorausgegangen ist, weil der Mieter sich in solchen Fällen regelmäßig darauf zurück ziehen kann, er sei von der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens ausgegangen oder davon, der Vermieter würde derartige nicht genehmigte Untervermietungen akzeptieren oder habe dies in der Vergangenheit bereits getan. Die Besprechung von Blümmel verkennt auch, dass gerade bei vielen jungen Menschen das „Couchsurfen“ und die vorübergehende Untervermietung auch einer kompletten Wohnung etwa während des eigenen Urlaubs sozial aktzeptiert sind und als normaler „Lifestyle“ gelten, zumal dies auch in anderen Ländern Europas häufig und folgenlos praktiziert wird. Die für den Mieter denkbaren Entschuldigungen sind gleichsam uferlos,  weshalb der vorsichtige und erfolgsorientierte Berater des Vermieters einer Kündigung wegen unerlaubter Untervermietung immer eine Abmahnung vorausschicken wird. Falsch ist demnach nicht die konkrete Entscheidung des LG Berlin, sondern der Leitsatz des Grundeigentums, die ordentliche Kündigung sei in derartigen Fällen grundsätzlich erst nach vorheriger Abmahnung zulässig.

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  1. GE 2016, 1066 

  2. VIII ZR 145/07 in Grundeigentum 2008,114