BGH: Geringes Angebot im Sinne des § 5 WiStG, Mietwucher

Der Mie­ter, der sich da­rauf be­ruht, der Ver­mie­ter ha­be ei­ne Man­gel­la­ge im Sin­ne des § 5 WiStG aus­ge­nutzt, muss im Ein­zel­nen dar­le­gen, wel­che Be­mü­hun­gen er bei der Su­che nach ei­ner an­ge­mes­se­nen Woh­nung un­ter­nom­men hat und wes­halb die­se Su­che er­folg­los ge­blie­ben ist.

BGH-Ver­säum­ni­sur­teil vom 28.01.04 – VI­II ZR 190/03 – in GE 2004, 540 und NZM 2004, 381

Sach­ver­halt: Der Mie­ter ei­ner 1993 an­ge­mie­te­ten Alt­bau­woh­nung in Ber­lin for­der­te nach Miet­ver­tragsabschluss erhebliche Mietzinsbeträge zu­rück. Die Miethöhe sei we­gen er­heb­li­cher Über­schrei­tung der orts­üb­li­chen Ver­gleichs­mie­te (§ 5 WiStG und § 134 BGB) teil­nich­tig und da­her zu­rück zu zah­len ge­we­sen. Das im Pro­zess durch das Ge­richt ein­ge­hol­te Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten hat­te ei­ne er­heb­li­che Über­schrei­tung der ort­sü­bli­chen Mie­te um mehr als 20 % fest­ge­stellt. Die Re­vi­si­on des Ver­mie­ters ge­gen die da­rauf ge­stütz­te Ver­ur­tei­lung in bei­den In­stan­zen war er­folg­reich.

Pro­blem­la­ge: Ins­be­son­de­re die Ber­li­ner Ins­tanz­recht­spre­chung hat sich mit den An­for­de­run­gen an die Dar­le­gungs­last ei­ner Man­gel­la­ge im Sin­ne des § 5 WiStG stets schwer ge­tan. Wäh­rend noch Mit­te der Neun­zi­ger­jah­re von den Ber­li­ner Miet­be­ru­fungs­kam­mern noch na­he­zu ein­hel­lig das Vor­lie­gen ei­ner Man­gel­la­ge we­gen Be­ste­hens ei­ner Zwe­ckent­frem­dungs­ver­bots­ve­rord­nung und ähn­li­cher In­di­zi­en als of­fen­kun­di­ge Tat­sa­che an­ge­nommen wur­de, wur­de die­se Ins­tanz­recht­spre­chung spä­ter zu­neh­mend un­ein­heit­lich.

Die Zi­vil­kam­mer 62. des LG Ber­lin ging in stän­di­ger Recht­spre­chung da­zu über, Miet­ver­tragsabschlüs­se vor dem 01.09.1997 (Stich­tag zum Ber­li­ner Miet­spie­gel 1998, der erst­mals auch sin­ken­de Mieten in Ber­lin aus­wies) als noch der Man­gel­la­ge ge­schul­det an­zu­se­hen. An­de­re Kam­mern, et­wa die Zi­vil­kam­mer 65. und 67. for­der­ten nun­mehr wei­te­re Dar­le­gung des Mie­ters et­wa an­hand der Miet­prei­sent­wick­lung über meh­re­re Ber­li­ner Miet­spie­gel hin­weg da­hin, dass kon­ti­nu­ier­lich stei­gen­de Mieten in dem je­wei­li­gen Markt­seg­ment vor­zu­fin­den ge­we­sen sei­en.

Ge­ne­rell ver­mie­den wur­de es von der Ber­li­ner Ins­tanz­recht­spre­chung, dem Mie­ter die kon­kre­te Dar­le­gung ei­ner Man­gel­la­ge ins­be­son­de­re auch durch Be­zug­nah­me auf sub­jek­ti­ve Um­stän­de wie et­wa die De­tails der er­folg­lo­sen Woh­nungs­su­che auf­zu­bür­den.

Die Ent­schei­dung des BGH stell­t klar, dass für die Dar­le­gung der an­ge­spann­ten Woh­nungs­markt­la­ge all­ge­mei­ne In­di­zi­en oder gar ge­richts­be­kann­te Tat­sa­chen nicht aus­reichend sind, son­dern der Mie­ter al­le ob­jek­ti­ven und sub­jek­ti­ven Kom­po­nen­ten bzw. Vor­aus­set­zun­gen ei­ner an­ge­spann­ten Woh­nungs­markt­la­ge dar­zu­le­gen und im Pro­zess un­ter Be­weis zu stel­len hat.

Be­wer­tung: Ob­wohl die Ber­li­ner Ins­tanz­recht­spre­chung un­ter dem Ge­sichts­punkt der Prak­tik­a­bi­li­tät ei­ni­ges für sich hat­te, war sie ei­gent­lich dog­ma­tisch zu je­dem Zeit­punkt brü­chig. Die Ent­schei­dung des BGH ver­hin­dert di­ver­gie­ren­de Recht­spre­chung in die­sem Be­reich. Sie dürf­te da­zu füh­ren, dass der­ar­ti­ge An­sprü­che durch den Mie­ter im Re­gel­fall nicht mehr – wie bis­her oft ge­sche­hen – durch schlich­tes Re­chen­werk oh­ne wei­te­re Dar­le­gun­gen zu sub­jek­ti­ven Kom­po­nen­ten der An­mie­tung der Streit­woh­nung be­gründ­bar sind.

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