LG Berlin – Minderung bei Baulärm, Beschaffenheitsvereinbarung

  1. Auf die (Wohnraum-)Mietsache einwirkende erhebliche Bauimmissionen führen gemäß § 536 Abs. 1 BGB zur Minderung des Mietzinses.
  2. Die Minderung tritt auch dann ein, wenn zum Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses noch keine Beeinträchtigungen bestanden haben sollten und die nachträgliche Erhöhung der Immissionslast nicht vom Vermieter, sondern einem Dritten zu verantworten ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob dem Vermieter gegenüber dem Veranlasser der Immissionen Abwehr- oder Entschädigungsansprüche (gemäß § 906 BGB) zustehen. Für eine ergänzende Vertragsauslegung zu Lasten des Mieters ist dabei kein Raum.
  3. Auch wenn sich der Mieter bei Abschluss des Mietvertrags keine oder falsche Vorstellungen über die künftige Entwicklung des Umfeldes gemacht hat, sind darauf beruhende spätere Gewährleistungsansprüche nicht gemäß § 536b Satz 1 oder 2 BGB wegen vorsätzlicher Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Mangels bei Vertragsschluss ausgeschlossen. Eine entsprechende Fehlvorstellung des Mieters begründet allenfalls den Vorwurf einfacher Fahrlässigkeit, der zur Anwendung des § 536b BGB nicht ausreicht. Das gilt auch dann, wenn sich zum Zeitpunkt der Anmietung neben der im Innenstadtbereich gelegenen Mietsache eine noch unbebaute Baulücke befindet.

LG Berlin, Urteil vom 16. Juni 2016 – 67 S 76/16 – in GE 2016, 915

Anmerkung: Die Entscheidung lässt einen sorgfältigen Umgang mit dem Fehlerbegriff vermissen und nimmt letztlich leichtfertig einen Mangel der Mietsache an. Es ist offensichtlich falsch, dass die Parteien eines Mietvertrags gleichsam automatisch die Mangelfreiheit vereinbaren oder die Abwesenheit von Lärmbeeinträchtigungen, die je nach Lage des Mietobjekts durch Veränderungen der Umgebung (Bauarbeiten, „LG Berlin – Minderung bei Baulärm, Beschaffenheitsvereinbarung“ weiterlesen

LG Berlin – Lüften des Mieters und Schimmelpilz

Der Vermieter wird nicht von seiner Gewährleistungspflicht durch Übergabe eines Merkblatts zum richtigen Heizen und Lüften der Wohnung bei Vertragsabschluss befreit. Es ist dem Mieter aber zuzumuten, drei- bis viermal täglich Stoßlüftungen vorzunehmen.

Die Anzahl der zumutbaren Stoßlüftungen pro Tag ist nicht mit der Anzahl der in der Wohnung wohnenden Personen zu multiplizieren.

Sind wichtige Räume, wie das Bad, der WC-Raum, die Küche, ein Schlafzimmer und das Wohnzimmer von geringem Schimmelbefall betroffen, ist eine Mietminderung von 10 % gerechtfertigt.

LG Berlin, Urteil vom 27.05.2016 -63 S 335/15- in GE 2016, 914

BGH-Vorgeschobener Eigenbedarf

Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs kann auch dann vorgeschoben sein, wenn ein Vermieter seit längerem Verkaufsabsichten hegt und der von ihm benannten Eigenbedarfs Person den Wohnraum in der – dieser möglicherweise nicht offenbarten – Erwartung zur Miete überlässt, diese im Fall eines doch noch gelingen den gewinnbringenden Verkaufs ohne Schwierigkeiten zum Auszug bewegen zu können.

BGH, Beschluss vom 10.05.2016 – VIII ZR 214/15 – in WuM 2016, 426

LG Berlin-Shisha Bar und Gewerbelärm

Leitsatz zitiert nach Juris:
Der Mieter hat ein Recht zur Mietminderung, wenn die Lüftungsanlage einer Shisha-Lounge Lärmbelästigungen auslöst, die die Grenzwerte der TA-Lärm überschreiten. Allerdings kommt eine Mietminderung in Höhe von 10% in Betracht, wenn das Geräusch nur das Schlafzimmer belastet.

Orientierungssatz
1. Gebrauchsbeeinträchtigungen der Mietsache eines Wohnraummieters durch die Geräusche der Lüftungsanlage der im Erdgeschoss des Wohnobjekts befindlichen Shisha-Lounge stellen einen Mangel der Mietsache dar und rechtfertigen gem. § 536 BGB eine Mietminderung um 10%.

2. Das unstreitig vorhandene Geräusch der Belüftungsanlage ist trotz mangels einer Beschaffenheitsvereinbarung nicht hinzunehmen. Auch ohne Beschaffenheitsvereinbarung schuldet der Vermieter die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Bestimmungen wieder der TA-Lärm (Anschluss BGH, 5. Juni 2013, VIII ZR 287/12, NJW 2013, 2417).

3. Ein weitergehendes Minderungsrecht steht dem Mieter jedoch nicht zu. Der Mieter einer Wohnung in der Innenstadt hat in einer Straße mit annähernd lückenloser gewerblicher Nutzung der Mietobjekte im Erdgeschoss, damit zu rechnen, dass es im weiteren und näheren Umfeld seiner Wohnung – etwa durch Neubau, Umbau oder Sanierung von Gebäuden, Straßen o.ä., durch Wechsel oder Zuzug von neuen (gewerbetreibenden) Nachbarn etc. – zu Veränderungen kommt, die sich auf die Mietsache nachteilig auswirken können (Festhaltung LG Berlin, 27. September 2011, 63 S 641/10, Grundeigentum 2011, 1685).
LG Berlin, Urteil vom 15. April 2016 – 63 S 223/15 – in GE 2016, 729

BGH – Vertragsverletzung als Kündigungsgrund

  1. Zur Frage, ob die Nichtzahlung einer auf die Verletzung mietvertraglicher Pflichten zurückgehende titulierte Schadensersatzforderung des Vermieters ein die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses berechtigende schuldhafte Pflichtverletzung des Mieters darstellt.
  2. Im Rahmen der nach § 573 Abs. 2 Nummer 1 BGB erforderlichen Prüfung, ob die Verletzung mietvertraglicher Pflichten auf einem Verschulden des Mieters beruht, trägt – wie aus § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB entnommen werden kann – dieser die Darlegungs- und Beweislast für sein fehlendes Verschulden. 3. Ist der Mieter wegen einer erheblichen und schuldhaften Verletzung seiner vertraglichen Nebenpflicht zur Obhut der Mietsache rechtskräftig zur Leistung von Schadensersatz verurteilt worden, kann in dem beharrlichen Leugnen der Pflichtverletzung jedenfalls dann ein berechtigter Grund zur ordentlichen Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nummer 1 BGB liegen, wenn Umstände festgestellt werden können, die die Besorgnis des Vermieters begründen, der Mieter setze seine Verletzung der Obhutspflicht auch nach der rechtskräftigen Verurteilung fort.

BGH, Urteil vom 13.04.2016 – VIII ZR 39/15 – in WuM 2016, 365

LG Berlin – WG Wohnung, Auswechselung Mieter

1. Wird eine Wohnung an eine Wohngemeinschaft vermietet, so besteht ein Anspruch auf Auswechselung einzelner Mieter.
2. Da dem Anspruch auf Auswechselung einzelner Mieter ein bei Vertragsschluss antizipiertes Einverständnis des Vermieters mit dem Mieterwechsel zugrunde liegt, bedarf es im konkreten Fall nur noch einer Anzeige an den Vermieter, die es diesem ermöglicht, in entsprechender Anwendung des § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB der Auswechselung zu widersprechen, wenn ein wichtiger Grund in der Person des neuen Mieters vorliegt. Ein solcher wichtiger Grund kann die fehlende Solvenz des neuen Mieters sein.

LG Berlin, Urt. v. 23.3.2016 – 65 S 314/15 in WuM 2016, 553

LG Berlin-Wohnungsräumung als Modernisierungshärte

  1. Es ist von einer die Duldungspflicht ausschließenden nicht zumutbaren Härte i.S.d. § 555d Abs. 2 Satz 1 BGB auszugehen, wenn der Mieter zur Durchführung der Modernisierungsmaßnahme vorübergehend sein Besitzrecht an der Wohnung aufgeben muss und eine Interessenabwägung nach § 555d Abs. 2 BGB nicht ergibt, dass ausnahmsweise besonders gewichtige, über das übliche Maß hinausgehende Interessen des Vermieters, anderer Mieter oder der Allgemeinheit an der Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen bestehen.
  2. Die Duldungspflicht des Mieters umfasst keine aktive Mitwirkungspflicht. Dies gilt insbesondere für die Beschaffung von Ersatzwohnraum. Die Duldungspflicht kann ausgeschlossen sein, wenn der Vermieter in der Modernisierungsankündigung keinen konkreten Wohnraum anbietet.

LG Berlin, Urteil vom 17. Februar 2016 – 65 S 301/15 – in WuM 2016, 282 und GE 2016, 725

BGH – Vorwegabzüge in der Betriebskostenabrechnung

1. Zur formellen Ordnungsgemäßheit einer Betriebskostenabrechnung genügt es hinsichtlich der Angabe der „Gesamtkosten“, wenn der Vermieter bei der jeweiligen Betriebskostenart den Gesamtbetrag angibt, den er auf die Wohnungsmieter der gewählten Abrechnungseinheit umlegt.

2. Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter diesen Gesamtbetrag vorab um nicht auf den Mieter umlagefähige Kostenanteile bereinigt hat; einer Angabe und Erläuterung der zum angesetzten Gesamtbetrag führenden Rechenschritte bedarf es nicht (Aufgabe der Senatsrechtsprechung; vgl. Senatsurteile vom 14. Februar 2007, VIII ZR 1/06, NJW 2007, 1059 Rn. 10; und vom 9. Oktober 2013, VIII ZR 22/13, WuM 2013, 734 Rn. 14 ff. mwN).

BGH, Urteil vom 20. Januar 2016 – VIII ZR 93/15 – in WuM 2016, 170

LG Berlin – fehlender Schutz vor Wildschweinen als Mangel

Der Vermieter ist gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB verpflichtet, die Mietsache und den Mieter durch geeignete Maßnahmen vor dem Eindringen von Wildschweinen auf dem Grundstück zu schützen. Die Lage der Mietsache in der Nähe eines Waldgebietes allein begründet keine Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis des Mieters i.S.d. § 536b BGB von bestehendem oder drohendem Wildschweinbefall.

LG Berlin, Urteil vom 21. Dezember 2015 – 67 S 65/14 – in WuM 2016, 168

LG Berlin – Berliner Mietspiegel oder Gutachten

Wird im Rahmen des Streits über die Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangen nach § 558 Abs. 1 BGB von beiden Mietvertragsparteien bezweifelt, dass die Erstellung des qualifizierten Mietspiegels nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erfolgt ist, kann das Gericht von einer Schätzung nach § 287 ZPO unter Berücksichtigung dieses Mietspiegels als einfacher Mietspiegel gemäß § 558c BGB absehen und die ortsübliche Vergleichsmiete anhand des eingeholten Sachverständigengutachtens bestimmen.
LG Berlin, Urteil vom 02. Dezember 2015 – 18 S 183/15 – in WuM 2016, 38